Der Rollstuhl

Die Bedeutung eines Rollstuhls

Deutschlandweit benutzen ungefähr 1,6 Millionen Menschen einen Rollstuhl. Er dient als aktiv oder passiv nutzbares Hilfsmittel zum Ausgleich von Hindernisgründen, die vor allem ein Gehen erschweren oder verhindern. Dabei können die Gründe für die Beeinträchtigung der Mobilitätgenetisch oder altersbedingt sowie krankheits- oder unfallbedingt sein. Darüber hinaus kann ein Rollstuhl auch als orthopädisches Hilfsmittel genutzt werden, um einen Ausgleich für Beeinträchtigungen anderer Körperfunktionen zu schaffen. Neben der Funktionalität soll ein Rollstuhl auch einen bestmöglichen Komfort für den Nutzer gewährleisten. Angesichts der vielfachen Unterschiede und Auswahlmöglichkeiten ist auch das Design eines Rollstuhls von Bedeutung.

Geschichtliche Entwicklung

Bereits im Jahre 1595 soll der damalige spanische König einen verstellbaren Rollstuhl benutzt haben. Im Jahre 1655 wurde der erste Rollstuhl mit Selbstantrieb von dem gelähmten Deutschen Stephan Farfler gebaut. Seit dem Jahre 1869 werden für Rollstühle Patente vergeben. Aus den ursprünglichen Rollstuhl-Modellen entwickelten sich im Laufe der Zeit bedarfsgerechte Varianten im Rahmen der damaligen technischen Entwicklung. Ein Vergleich dieser Typenausstattungen ist jedoch mit den heutigen Hightech-Modellen kaum möglich.

Die verschiedenen Rollstuhlarten

Rollstühle lassen sich bauart- und antriebsbedingt sowie funktions- und nutzungsbedingt unterscheiden. Außerdem nehmen die Pflegekassen Unterscheidungen vor. Grundsätzlich wird bei der Rollstuhlbauart zwischen faltbaren und starren Rollstühlen unterschieden. Faltrollstühle können praktischer transportiert und verstaut werden. Dies erleichtert vor allem für gehbehinderte Autofahrer die Rollstuhlnutzung. Dazu lässt sich in der Regel der gesamte Rahmen mit einem Handgriff zusammenklappen. Dabei ist die Sitzfläche materialbedingt beweglich oder abnehmbar. Konstruktionsbedingt verfügt ein Faltrollstuhl über ein höheres Gewicht als die starre Version, wodurch die Kraftübertragung beim manuellen Antrieb samt Steuerung und Bremsverhalten erschwert wird. Vorteile ergeben jedoch beim Fahrkomfort durch ein größeres Dämpfungsvermögen aufgrund der Kreuzstreben. Der Rollstuhl mit Starrrahmen benötigt weniger Material und ist dadurch leichter. Nachteilig im Verhältnis zum Faltrollstuhl ist die Problematik beim Verstauen und Transportieren. Bezogen auf die Unterschiede bei der Art des Antriebs stehen mehrere Varianten zur Verfügung:

• Greifreifenantrieb zum Selbstfahren mit beiden Händen durch die Bedienung der Greifringe
• Einhandantrieb zum Selbstfahren mit einer Hand durch die einseitige Bedienung eines Doppelgreifreifens
• Einhandhebelantrieb zum Selbstfahren durch die einseitige Bedienung eines Handhebels
• Schieberollstühle zum Schieben einer Person mit an der Rückenlehne befindlichen Schiebegriffen
• Trippelrollstühle zur selbstständigen Fortbewegung mittels trippelnden Fußbewegungen
• Elektrisch angetriebene Rollstühle für den Innen- und Außenbereich, teilweise mit Joystick-Steuerung

Merkmale für die Kassenunterscheidung

Standardrollstuhl:

Dieses Modell dient vor allem einer Grundversorgung ohne besondere Ausstattungsergänzungen oder umfangreiche Nachrüstoptionen und ist deshalb kostengünstig. Es wird oft als Transportmittel im stationären Bereich für eine unbestimmte Anzahl von Personen verwendet. Der Standardrollstuhl weist daher kaum individuelle Funktionen auf. Da er im Wechsel von vielen Pflegebedürftigen genutzt wird, ist er vor allem stabil und damit sicher. Deshalb ist dieser Typ überwiegend mit tragenden Stahlrohren ausgestattet und daher ziemlich schwer. Verschiedene Seitenteilvarianten und Sitzhöhen gewährleisten ein breites Funktionalitätsspektrum. Die manuelle Fortbewegung erfordert einen deutlich spürbaren Kraftaufwand. Ein unproblematischer Ersatzteilservice gewährleistet eine längere Nutzungsdauer.

Multifunktions-Rollstuhl:

Typisch für einen Multifunktionsrollstuhl sind zahlreiche Modellvarianten und vielfältige Einstellmöglichkeiten. Dadurch soll einer möglichst individuellen und bedarfsgerechten Nutzung Rechnung getragen werden. Der Rollstuhl fungiert als Mobilisierungshilfe für wechselnde Sitz- oder Liegepositionen. Er schützt vor allem auch den Bereich von Nacken, Schulter und Wirbelsäule bei Pflegebedürftigen, die im Rollstuhl einschlafen. Wegen passender Unterstützungsmöglichkeiten für schwere Bewegungseinschränkungen und Behinderungen wird der Multifunktionsrollstuhlauch Pflegerollstuhl genannt. Er stellt sich als eine geeignete Lagerungshilfe dar. Der Multifunktionsrollstuhl unterstützt die Kreislaufstabilisierung sowie die Schmerz- und Druckentlastung.

Leichtgewichts-Rollstuhl:

Durch die Aluminiumkonstruktion besitzt dieser Rollstuhl ein vorteilhaft leichtes Gewicht. Die einfache, leichte Handhabung dient der Mobilitätsverbesserung und begünstigt einen dauerhaften Gebrauch. Er verfügt ebenfalls über zahlreiche Ausstattungsvarianten zur Optimierung der Nutzungsmöglichkeiten und ist teurer als ein Standardrollstuhl. Die Sitzhöhe ist verstellbar. Ein Leichtgewichts-Rollstuhl wird häufig im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen eingesetzt.

Aktiv-Rollstuhl:

Ein Aktivrollstuhl verfügt über ein System flexibler Bauteile und Verstellmöglichkeiten zur bedarfsgerechten Anpassung an individuelle Mobilitätseinschränkungen und Körpermaße. Die persönlich eingestellten Aktiv-Rollstühle bieten eine hohe Funktionstüchtigkeit und einen angenehmen Komfort. Dadurch soll der Rollstuhl möglichst aktiv und für individuelle Bedürfnisse genutzt werden können. Zur Überprüfung der richtigen Einstellungen ist eine Probefahrt vorteilhaft. Der geringe Rollwiderstand gewährleistet ein dynamisches Fahren mit einem geringeren Kraftaufwand als bei anderen Rollstühlen. Die teuersten Varianten des Aktiv-Rollstuhls sind mit Rahmen aus Titan oder Carbon ausgestattet.

Unterschiede aufgrund besonderer Funktionen und Nutzungsmöglichkeiten

Es sind ebenfalls Rollstühle als Sport- und Freizeitgeräte erhältlich. Neben speziellen Sportrollstühlen für Mannschaftssportarten stehen auch Rennrollstühle für Behindertensportarten im Leichtathletikbereich zur Verfügung. Duschrollstühle dienen der Körperpflege in Nasszellen. Sie sind aus nässeresistenten Materialien hergestellt und leicht zu desinfizieren. Strandrollstühle sind durch besonders breite Ballonreifen besser durch den Sand zu bewegen. Außerdem sind sie gegen Salzwasser geschützt, so dass der Pflegebedürftige bis ins Wasser fahren kann. Kinderrollstühle sind von der gleichen Bauart wie die der Erwachsenen, nur körpergerecht in kleineren Ausführungen. Eine Sonderform der Elektrorollstühle für den Außenbereich stellen Elektromobile, auch Scooter genannt, dar.

Die Leistungen der Krankenkasse für Rollstühle

Die Grundlage für die Beantragung eines Rollstuhls als medizinisches Hilfsmittel ist die fachärztliche Verordnung. Dabei ist darauf zu achten, dass der Arzt ausreichend Bezug nimmt zu den Bewegungseinschränkungen des Einzelfalls. Damit können unnötige zeitliche Verzögerungen vermieden werden. Eine unspezifische, mehr allgemein gütige Verordnung ist den Pflegeversicherungen in der Regel nicht ausreichend. Reicht die Begründung letztlich nicht aus, kommt eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst in Betracht. Wird die ärztliche Verordnung akzeptiert, erteilt die Pflegekasse einen Bewilligungsbescheid. Bis auf eine kleine Zuzahlung durch den Antragsteller übernimmt die Versicherung die Kosten. Ausstattungswünsche, die nicht vom Bewilligungsbescheid umfasst sind, müssen per Zuzahlung erfüllt werden. Die weitere Versorgungsausführung wird in der Folge durch den Fachbetrieb vorgenommen. Verschiedene Krankenversicherungen haben partnerschaftliche Fallpauschalverträge mit Unternehmen vereinbart. Danach wird ein verordneter Rollstuhl für einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren je nach medizinischer Notwendigkeit gemietet. Innerhalb dieses Zeitraums muss der vermietete Rollstuhl ordnungsgemäß verwendet werden. Anfallende Reparaturen fallen in die Kostenpflicht der Pflegekasse. Grundsätzlich besteht nur der Anspruch auf einen Rollstuhl. Bei besonderen Ausnahmefällen kann jedoch nach eingehender Antragsbegründung auch die Bedarfsanerkennung für einen weiteren Rollstuhl erfolgen.

Der passende Rollstuhl für den persönlichen Bedarf: Worauf bei der Auswahl geachtet werden sollte

Die Notwendigkeit für einen Rollstuhl kann durch genetische, alter- oder krankheitsbedingte Bewegungseinschränkungen ergeben. Außerdem können hierfür die Folgen eines Unfalls ursächlich sein. Bei der individuellen Auswahl eines Rollstuhls für einen Betroffenen sollten die Art der Behinderung, Körpergröße und Gewicht sowie die persönlichen Bedürfnisse Berücksichtigung finden. Eine individuelle Anpassung des Rollstuhls an den Betroffenen soll eine bestmögliche Nutzung im häuslichen, beruflichen und gesellschaftlichen Alltagsleben bewirken. Das Ausmaß der Bewegungsfreiheit beeinflusst die Lebensqualität und das Selbstbewusstsein des Rollstuhlnutzers. Falls der Rollstuhl häufig mit dem Pkw transportiert werden soll, spricht dies für einen faltbaren Rollstuhl. Außerdem spielt die Auswahl der Sitzfläche für eine gesunde, schmerzfreie und komfortable Sitzposition eine große Rolle. Ebenso muss beachtet werden, ob bei den manuell betriebenen Rollstühlen der Antrieb durch den Betroffenen oder eine Hilfsperson erfolgen soll. Beim selbstständigen Betrieb durch den Rollstuhlnutzer ist daher die Frage der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Fehlt es an Kraft, sollte eine möglichst leichtgängige Version mit geringem Rollwiderstand ausgesucht werden. Die Armlehnen sollten höhenverstellbar sein. Zu hohe Armlehnen beeinträchtigen die Sitzbalance. Eine ungünstige Sitzhaltung kann zu schnellen Ermüdungen und Verspannungen führen. Abnehmbare oder verstellbare Beinstützen ermöglichen ein dichteres Heranfahren beim Toilettengang oder zu Bett bringen. Fehlende Fußstützen erschweren den Blutkreislauf bei einer dauerhaften Spitzfußhaltung und durch das Abdrücken der Blutgefäße der Unterseite des Oberschenkels durch die Sitzkante. Vollgummireifen sind nur innerhalb des Hauses vorteilhaft. Im Außenbereich sorgen sie für eine zu starke Übertragung von Unebenheiten. Trommelbremsen sorgen für eine bessere Bremsleistung als Feststellbremsen. Als Zubehör sollte eine Sitzauflage oder ein Sitzkissen nicht fehlen, um Druckstellen zu verhindern und den Sitzkomfort zu verbessern. Testbewertungen von Rollstühlen und Erfahrungsberichte von Nutzern können eine zweckmäßige Orientierungshilfe sein. Modelle verschiedener Hersteller sorgen für Vergleichsmöglichkeiten und vergrößern das Auswahlangebot. Es ist auch darauf zu achten, dass vor dem Kauf eines Rollstuhls eine entsprechende ärztliche Verordnung vorliegen muss. Die große Anzahl der zu beachtenden Kriterien spricht für eine Fachberatung in einem Sanitätshaus vor der Auswahlentscheidung.